"Schussfestigkeit" - Gewöhnung an plötzlichen Lärm

Zu Silvester, Karneval und bei Gewitter reagieren viele Hunde ängstlich bis panisch. Manche sind so schreckhaft, dass sie bereits beim Lärm eines herunter fallenden Topfdeckels Reißaus nehmen. Ein guter Gebrauchshund hat dagegen "schussfest" zu sein, d. h., auch wenn neben ihm eine Schusswaffe abgefeuert wird, Herrchens oder Frauchens Befehle brav auszuführen. Das beste Training zur Unempfindlichkeit besteht darin, dass man mit dem Hund spielt, während solche Umweltreize zunächst in größerer Entfernung, dann immer näher, auf den Hund einwirken. Zeigen Sie sich fröhlich und unbeeindruckt, wird Ihr Welpe gar nicht erst auf die Idee kommen, dass Gewitter etwas Besonderes ist. Erschrickt er zunächst, wird aber durch Spielaufforderungen abgelenkt, entfällt der Schreck-Moment bald. Zeigt man sich selbst dagegen besorgt, nimmt etwa das "arme Hündchen" dann noch auf den Arm, bestätigt und verstärkt man die gezeigte Angst. Bei Hunden, die bereits Silvester-Ängste haben, kann man diese abbauen, indem man als Hintergrundgeräusch zum Spielen Silvesterlärm vom Band laufen lässt, erst ganz leise, dann langsam von Mal zu Mal immer lauter. "Desensibilisierung" heißt diese Methode. Es gibt Hunderassen, die von Natur aus besonders Geräuschempfindlich sind, wie z. B. Bearded Collies. Ob dies daran liegt, dass sie im Vergleich zu Vertretern anderer Rassen, wie z. B. Deutschen Schäferhunden, schwächere Nerven oder aber ein feineres Gehör haben, kann ich hier nicht ergründen.

Das Mixer-Beispiel aus unserer Welpen-Küche macht deutlich, wie Welpen das Ignorieren von Lärm erlernen, auf den nichts Böses folgt (Tagebuch-Eintrag vom 12.2.2000, als die Welpen zehn Wochen alt waren):

"Die Welpen zeigten mit drei Wochen Angst vor dem Mixer, der sehr laut arbeitet. Sie rannten dann einen Moment lang kreuz und quer durch die Küche und versammelten sich schließlich an ihrem Schlafplatz, von dem aus sie ängstlich zum Mixer herüber schauten. Da sie sich jedoch an Geräusche des täglichen Lebens gewöhnen müssen, nahm ich keine Rücksicht darauf. Im Gegenteil, gerade im Hinblick auf solche Störungen leben sie bei uns in der Küche gerade richtig. Die Spülmaschine bspw. störte sie schon damals nicht. Den Mixer ignorieren sie jetzt auch. Im Gegenteil: Da der Anlass Hundefutterzubereitung für Gladess war, für die ich heute Kräuter im Garten gesammelt habe, zog der Geruch sie an und sie machten neben mir Männchen um möglichst nahe heran zu kommen."

Aron geht Böllern aus dem Weg, seit er einmal einen Böller der Art "Grüne Leuchtkugel" direkt vor die Nase bekam. Der beißende Geruch tat auch in meiner Nase weh, die 2 m weiter vom fehlgezündeten Sprengkörper weg war. Eine Desensibilisierungsübung ist zu Karneval 1998 in Belanas Tagebuch festgehalten (Eintrag vom 22.2.1998):

"Am frühen Nachmittag nahm ich Belana und Aron angeleint und bei Fuß zu einem besonderen Spaziergang mit. Der Stadtteilzug des Düsseldorfer Karnevals war unser Ziel. Wichtiger noch war es mir, die beiden durch die dicht gedrängten, bunten, fröhlichen Zuschauermassen mit ihren besonderen Verkleidungen zu führen. Es störte meine Hunde wenig. Sie wurden von -zig Kindern und Erwachsenen gestreichelt. Zwischendurch fielen jede Menge Schüsse aus Spielzeugpistolen. Auch ich hatte eine bei und machte einfach so gelegentlich "peng!". Belana störte das überhaupt nicht, während Aron jedes Mal kurz erschreckt stehen blieb. Ziel der Übung war, ihm die gleiche Neutralität anzugewöhnen, wie Belana sie zeigte. Wenn er jemals als Rettungshund geführt werden soll, muss er absolut schussfest sein. Es gibt nicht viele Tage im Jahr, an denen man so etwas unauffällig üben kann. Sylvester und Karneval sind solche Anlässe."

Trotzdem erreichte ich bei Aron über einige Jahre nicht mehr die gleiche Neutralität, wie bei unseren anderen Collies (Tagebuch-Eintrag vom 31.12.2000, kurz vor dem Umzug von Düsseldorf in den Harz):

"... Für Silvester wurde zwar lecker eingekauft, eine große Fête war jedoch nicht geplant. Froh, die Wohnung nun wirklich fast leer zu haben, erfreuten wir uns am großzügigen, bunten Feuerwerk unserer Nachbarschaft, während Aron sich überhaupt nicht wohl fühlte und Zuflucht in irgendwelchen Ecken suchte. Den anderen vier Hunden war das Silvestergetue und der beißende Geruch ziemlich egal. Hauptsache, sie konnten frei zwischen uns herumlaufen."

An einem Gewitter-Tag bemerkte ich über unsere damals fünf Monate jungen Hündinnen (Tagebuch-Eintrag vom 10.5.2000) :

"... Als ich Arabelle fragend ansah, kam sie zu mir und wollte auf den Arm. Ich nahm sie kurz hoch. Da kam Anjin und hüpfte an mir hoch und wollte auch auf'n Arm. Zwei gleichzeitig von der Sorte sind mir leider etwas zu schwer geworden. Also setzte ich Arabelle wieder ab. Ich wusste was besseres, holte eine leere Mehltüte aus der Küche und animierte die Schwestern, damit Tauziehen und Papierzerrupfen zu spielen. Miteinander Toben war so interessant, dass die Kleinen Blitz und Donner gar nicht mehr wahrzunehmen schienen."

Nachträglich möchte ich anmerken, dass ich auch Arabelle gar nicht erst auf den Arm genommen hätte, wenn sie bei ihrem Herankommen ängstlich gewirkt hätte.