Ausbüchsen aus dem eigenen Garten

Viele Menschen meinen nur, sie hätten ihren Hund im Garten eingesperrt. Durch Springen oder Graben ist er aber vielleicht in der Lage, sich eine interessantere Tätigkeit zu besorgen, als in Ihrem Garten auf Sie zu warten. So verlor Aron mit einem Jahr seine Schwester Annie aus unserer Nachbarschaft und Belana ihren nach Chemnitz verkauften, gerade 2-jährigen Sohn Andur. Beide wurden bei ihrem ersten Alleingang überfahren.

Ein Zaun, der weniger als zwei Meter hoch, unabgeschlossen oder leicht zu untergraben ist, lädt den Hund zum Streunen ein. Auch ein Hund, mit dem man nicht das Springen und Graben übt, kann springen und graben. Selbst wenn er es bisher noch nicht getan hat - irgendwann ist vielleicht das erste Mal. Ein Hund, der sich langweilt, kommt auf neue Ideen. Gärten sind für Hunde immer schnell langweilig. Auf die "Hoftreue", die angeblich ein Wesensmerkmal vieler Hunderassen ist, sollte man sich nicht verlassen.

Um den Hund dazu zu bringen, das eigene Grundstück mit Sicherheit nicht zu verlassen, obwohl er körperlich dazu in der Lage ist, muss man sehr hart vorgehen. Es geht eigentlich nicht, ohne dem Hund eine Falle zu stellen. Er meint, er ist unbeobachtet und möchte das Grundstück verlassen. Doch in dem Moment, in dem er das Grundstück verlässt, zieht ihm ein versteckter Helfer kräftig eins mit der Gerte über. Dies erfordert viel Geduld und einen nervenstarken Hund. 100 % sicher sind Sie hinterher immer noch nicht. Ein kluger Hund wird sich bald mit seiner Nase erkundigen, ob die Luft rein ist, oder ob ein versteckter Gertenhalter lauert. Wie bei Schreckeinwirkungen durch Fernbedienungsgeräte, die zwar verboten, aber dennoch käuflich sind, besteht eine große Gefahr der Fehlverknüpfung und des Vertrauensverlusts. Der Hund kann dadurch ängstlich und verhaltensgestört werden. Man sollte es lassen.

Da sich Ihr Hund alleine im Garten ohnehin nicht genug bewegt, würde ich raten,  ihn für die unbeobachtete Zeit drinnen an einem abschließbaren Ablageplatz oder - braves Verhalten vorausgesetzt - frei in der Wohnung zu lassen. Dort wird er auch nicht vergiftet oder gestohlen.

Insbesondere pubertierende Junghunde kommen früher oder später auch mal auf die Idee, alleine ihre Umgebung zu erkunden und ihr Revier zu vergrößern. Hier ein Beispiel, das unsere Anjin uns mit zehn Monaten aufgrund ihres zunehmenden Wehrtriebs geliefert hat, obwohl ich mit im Garten war (Tagebuch-Eintrag vom 16.10.2000):

"Heute Nachmittag ließ ich meine Hunde bei schönem Wetter mal wieder im eigenen Garten spielen. Als einer der provokanten Schäferhunde aus der Nachbarschaft unterhalb des Gartens den Parkweg entlang geführt wurde, hüpfte Anjin vor Aufregung auf die Mauer und im nächsten Moment die 2 m hinab zum angeleinten Nachbarshund. Da nützte mein 'Anjin!' dann auch nichts mehr. Sie war über Bord. Sie kläffte kurz den angeleinten Schäferhund an und rannte dann selbständig um die Gartenecke herum zum Törchen, durch das ich sie in den Garten zurück ließ. Nach Aron und Belana ist sie nun der dritte Hund im Rudel, der weiß, dass man den Garten ganz einfach verlassen kann. Ich hoffe, sie macht nicht demnächst alleine weitere Ausflüge. Aron und Belana sind aus dem Alter raus. Später am Nachmittag, als dieser Schäferhund erneut unterhalb von unserem Garten vorbeigeführt wurde, nahm sie wieder Anlauf auf die Mauer. Diesmal kam jedoch rechtzeitig ein strenges 'Nein!' von mir. Sie drehte ab und blieb im Garten. Es passt zu Anjins Temperament und Sportsgeist, dass sie als erster der Junghunde darauf kommt. Ich denke, Arabelle und Anders fehlen sowohl Motivation als auch Mut für einen solchen Sprung."