Kommunikation durch akustische Signale

Dass Hunde weit stärker als wilde Caniden über Lautäußerungen kommunizieren, mag als Anpassung an uns Menschen zu werten sein. Es ist wohl ihr Versuch, wie wir zu reden. Andererseits ist dieses Verhalten wohl auch durch die Zucht in vergangenen Jahrtausenden verstärkt worden, als man zum Schutz von Haus und Hof und bei der Jagd auf das Melden angewiesen war. Paradoxerweise fallen Hunde in ihrer heutigen menschlichen Nachbarschaft durch übermäßiges Gekläff am häufigsten in Ungnade.

Die Kommunikation unserer Collies untereinander funktioniert sehr gut. Dabei sind nicht nur Haltung und Gebärden wichtig, sondern durchaus auch die Laute, die sie hervorbringen und die wahrhaftig mehr als nur "Wuff!" bedeuten und auch sehr unterschiedlich klingen. An unseren fünf 26 Tage alten Welpen beobachtete ich ein Spiel, was ich als "gemeinsame Sprechübung" bezeichnet habe  (Tagebuch-Eintrag vom 30.12.1999):

"... Besonders niedlich fand ich während einer Spielphase die etwa drei Minuten, die sich die Welpen ganz von selbst in einen Kreis setzten, jede Handlung unterbrachen und sich mit verbalen Kommunikationsübungen befassten. Es ging offenbar darum, die gemeinsten Schimpfwörter auf seinesgleichen loszulassen. Sie übten um die Wette knurren, fauchen und bellen. Es hörte sich lustig an. Dabei erreichten die Kleinen eine schon recht beachtliche Lautstärke. Es schien allen großen Spaß zu machen. Collies sind die geborenen Krachmacher! Danach setzten sie ihre Balgereien fort."

Während eines Tierarztbesuchs mit genau fünf Monaten bewies die sonst sehr ruhige Arabelle, dass sie durchaus auch mal etwas diskutieren kann  (Tagebuch-Eintrag vom 4.5.2000):

"Belana, Anjin und manchmal auch Arabelle versuchten jeden Hund, der neu ins Wartezimmer kam, erst einmal anzubellen. Arabelle ließ sich mit einem kurzen Schnauzengriff abstellen, Anjin und Belana waren hartnäckiger. Zum Glück hatte ich beide Hände frei. Wenn sie nicht von selbst die Klappe hielten, musste ich es eben tun - buchstäblich. Da wir lange warteten, kamen so einige nach uns herein. Arabelle war die einzige Kommunikationsfreudige, die die fremden Hunde, wenn sie zur Ruhe gekommen waren, mit Nasenküsschen und Spielaufforderung begrüßte. Anjin und Belana kamen nicht auf diese Idee. Sie blieben distanziert und grummelten vor sich hin. Im Großen und Ganzen war das Warten eine fast zwei-stündige 'Platz und Ruh'-Übung. Niedlich und entsprechend von allen Seiten schmunzelnd beobachtet waren Arabelles Diskussionen um mein 'Platz!', wenn sie doch so gerne noch einen Menschen oder ein Hundi kennen lernen wollte. In den Ellenbogen schon halb aufgerichtet oder sitzend, brachte sie so melodische Töne hervor, dass sie sich fast wie menschlicher Sprachfluss anhörten. Man 'verstand' weder Vokale noch Konsonanten, aber ihre Sprachmelodie war meiner durchaus ähnlich. Worum es ging war klar und deutlich zu verstehen: Ich hatte 'Platz!' geordert und sie wollte nun mal zu jemand anders hin, einen Ausflug machen. Obwohl ich sie an der Leine hielt, kam ich nicht umhin, ihr mehrere kleine Ausflüge dieser Art zu unseren unmittelbaren Nachbarn zu genehmigen. Das 'Platz!' werde ich an anderer Stelle mit ihr strenger üben müssen. Ihre kleinen Erfolge weichen den Respekt vor dem Kommando natürlich auf."

Es gibt auch ein ärgerliches "Wuff!", z. B. Anjins Kommentar zu "Laaangsaaaam!" beim Jogging oder vor dem Sacco Dog Cart (Tagebuch-Eintrag vom 27.5.2000):

"... Die Touren ohne Belana sind überraschend leise. Mir scheint, dass Gebell in der Regel von ihr inszeniert wird. Die einzigen Momente, in denen Anjin unterwegs mal kurz ein piepsiges 'Wuff!' von sich gegeben hat, waren, wenn ich 'laaaangsaaam!' orderte und den Wagen runterbremste. Diese Energieverschwendung ärgerte sie dermaßen, dass sie mal kurz was sagen und Aron vor Frust in die Mähne beißen musste! Arons Halti brauchte ich heute wie gestern kein einziges Mal. Ich bin aber überzeugt davon, dass er mein 'laaangsaam!' längst nicht so Ernst nähme, wenn er es nicht an hätte..."

Auch eine traurige Stimmung kann zu charakteristischen Lautäußerungen führen  (Tagebuch-Eintrag vom 8.11.2000):

"... Bevor ich abends mit den Hunden Gassi ging, sammelte ich die herumliegenden Knochenreste ein, für die sich nur noch Arabelle und Aron interessiert hatten. So vermeide ich, dass bei der Rückkehr Streit um einen dann vielleicht zeitgleich von zwei Hunden gefundenen Knochenrest entsteht. Als wir wieder drin waren, legte sich Arabelle mit dem Kopf in das kleine, tief liegende Regal, in das ich ihren Knochenrest kurz gelegt hatte, bevor ich ihn mit den anderen zusammen in die Küche brachte. Arabelle gab eine Art Seufzer von sich, der mit einer Art Gurren gemischt war und sehr traurig klang. Ich wurde dadurch an die weggelegten Reste erinnert, forderte 'Arabelle, in die Küche!' und gab der freudig dorthin vorlaufenden Arabelle alle Reste, schloss aber hinter ihr die Küchentür, um Neid auszuschließen. An dieser Stelle möchte ich erwähnen, dass mein Schmusekätzchen Arabelle ähnlich Belana absolut wütend werden kann, wenn es um ihr Futter geht. Mit ihren sehr deutlichen und unüberhörbaren Drohgebärden beeindruckt sie Geschwister und Eltern. Im Zweifelsfalle ist sie sogar zu einem Kampf um ihre 'Beute' bereit, jedenfalls gegenüber Bruder oder Schwester."

Ein Schmerzlaut kann das ganze Rudel aufschrecken (Tagebuch-Eintrag vom 21.9.2000):

"... Als ich später im Wohnzimmer der alten Gladess eine schon recht vollgesaugte Zecke von einem Ohr abdrehte, fiepte sie kurz auf. Die Zecke hatte an einer empfindlichen Hautpartie gesessen. Ich weiß nicht, ob Belana und ihre Kinder ein 'Au!' oder ein mütterliches 'Hier!' verstanden, jedenfalls stürmten sie alle gleichzeitig auf uns ein, rannten sich dabei gegenseitig über den Haufen und beeilten sich, Gladess Fang und Ohren zu lecken und mit den Vorderpfoten in Gladess Mähne herumzugrabbeln. Sie gaben dabei undefinierbare Töne und Tonsequenzen von sich, die ich von ihren Begrüßungen her kenne. Ob sie Gladess nun trösten, ihr Sicherheit garantieren oder sie einfach nur begrüßen wollten, ist mir unklar. Mit so einer heftigen Reaktion auf ihr 'Au!' hatte ich jedenfalls nicht gerechnet."

Interessant ist bei unseren Hunden, wie unterschiedlich sie Aufgaben oder Spielsituationen kommentieren (Tagebuch-Eintrag vom 23.6.2001):

"... Jeder Hund bekam die Beißwurst auch einmal so geworfen, dass er sie nicht gleich finden konnte. Anders musste ich einmal nach unten schicken, weil er sich nicht die Felskante hinunter traute und vom Thema ablenken wollte, indem er noch weiter oben herumkramte, wo die Beißwurst nicht sein konnte. Anjin wollte nach einigen Minuten bei einer komplizierteren Suche aufgeben und zu mir zurückkommen. Ich schickte sie mit Fingerzeig und 'Nein. Kehrt. Such voran!' wieder hin. Einige Minuten später fand sie dann doch noch die Beißwurst und brachte mir freudig die Beute.

Unser Anders machte kurz 'Wuff!', wenn er startete, 'Wuff!', wenn er wiederkam und 'Wuff!', wenn ich die Beißwurst annahm. Anjin quasselte mich die ganze Zeit voll. Sie verfolgte das geworfene Spielzeug spurlaut, jammerte und kläffte mir was vor, wenn sie den Gegenstand nicht gleich fand, griff ihn schließlich mit einem 'Wuff!', tat ihre Aufregung hörbar kund, wenn sie ihn brachte und ließ beim Belohnungs-Tauziehen schließlich ihr löwenartiges Kampfgeschrei hören. Arabelle sagte nichts. Die ganze Zeit keinen Ton. Dabei 'arbeitete' sie genauso flott und fröhlich, wie ihre Geschwister. In dieser Hinsicht geht sie nach dem Vater, die Tricolors dagegen nach der Mutter. Belana jagte die Beißwurst begleitet von hohen Wuffs. Ein etwas tieferes 'Wuff!' bedeutete dann, ich möge doch bitte wieder werfen. Wenn Aron auf meinen Wurf warten musste, kam von ihm auch ein solches 'Wuff!'. Warf ich nach der Abgabe schnell genug, blieb er still. Das erwartungsvolle nun-wirf-doch-Wuff stammt aus seiner Ausbildungszeit zum Rettungshund. Da haben wir 'Gib Laut!' mit solchen Erwartungssituationen geübt..."

Es sollte eigentlich ein ganz langweiliger kleiner Spaziergang werden, um endlich Anjins aufgeregtes Startgebell komplett loszuwerden, doch ich ließ mich buchstäblich bequatschen (Tagebuch-Eintrag vom 26.6.2001):

"Ich begann meine Übungen wie gestern. Anjin führte ich an der Flexileine. Sie explodierte fast vor Bewegungsdrang. Sie gab sich große Mühe, wenigstens ungefähr bei Fuß zu gehen und nicht zu ziehen, erzählte mir aber wieder die ganze Zeit irgendwas. Es war kein Bellen und kein Fiepen, kein Grummeln oder Jaulen. Das Wort 'erzählen' beschreibt ihre Lautäußerungen wirklich am besten. Es klang freudig-aufgeregt. Voller Erwartung schaute sie immer wieder an mir hoch. Sie kassierte zu jedem Stehen bleiben und 'Sitz!' brav ihre Leckerlis, aber ich sah ihr an, das war es nicht, was sie brauchte. Sie tat mir leid. Um ihren Bedürfnissen gerecht zu werden, suchte ich mir einen ruhigen Hangabschnitt mit schmalen, steilen Serpentinchen und stellte fest, dass wir weit und breit die einzigen waren. Obwohl ich befürchte, dass folgende Touren jetzt wieder noch aufgeregter und damit lauter beginnen werden, begann ich, ein Stöckchen in Anjins Flexileinen-Reichweite zu werfen. Sie apportierte es begeistert. Zur Belohnung machte ich ein kurzes Tauziehspiel vor dem 'Aus!' und warf erneut. Sie war so schön konzentriert auf dieses Spiel, dass ich ihr bald die Leine abhakte und sie weiter hinter dem Stöckchen her rennen und z. T. auch suchen ließ..."