Ausweichmöglichkeiten

Dass angeleinte Hunde oft aggressiver, ängstlicher oder zumindest aufgeregter auf nahende Fremde und deren Hunde reagieren, liegt nicht zuletzt daran, dass sich Hunde von selbst grundsätzlich nie direkt aufeinander zu bewegen.  Haben sie friedliche Absichten, nähern sie sich auf einem Bogen oder spiralförmig. Sie weichen sich also zunächst einmal aus. Das direkte Ansteuern wird als Angriffs-Signal gewertet. Deshalb ist es manchmal hilfreich, gerade bei noch unsicheren Hunden, wie meiner damals zweijährigen Belana, wenn es eng wird, Ausweichmöglichkeiten einzuräumen. Eine entsprechende Situation beschrieb ich in ihrem Tagebuch am 15.8.1999:

"...Als sich Gewitterwolken näherten, versammelten wir uns mit anderen Spaziergängern und deren Hunden in einem Unterstand, um den Schauer abzuwarten. Belana sauste jedem dazukommenden Hund entgegen und begrüßte ihn mit viel Rawau. Bei Aron musste ich ein bisschen darauf achten, dass er fremden Rüden gegenüber friedlich blieb. Als der Unterstand dicht besetzt war, zog ich es vor, Aron zu mir zu rufen und festzuhalten. Es erschien mir am sichersten, obwohl er bis dahin nicht unfreundlich wirkte. Hätte ich Belana festgehalten, hätte sie wahrscheinlich die ganze Zeit über gekläfft. So konnte sie ausweichen und war wenigstens zeitweise ruhig..."

Ein weiteres Beispiel (Tagebuch-Eintrag vom 23.9.1999):

"...Auf dem Rückweg trafen wir den Schäferhund von gegenüber, Arons Lieblingsfeind. Sowie er uns bemerkte, wurde er von seinem Frauchen auf die Parkwiese beiseite genommen und in die Platzlage gezwungen. Sie hatte große Mühe, ihn einigermaßen ruhig zu halten. Ich ließ meinen Hunden heute möglichst viel Leine, statt sie bei Fuß zu halten. Platz war genug da und solange der Schäferhund sich ruhig verhielt, befolgten Aron und Belana mein leises, wiederholtes 'Ruh!'. Ich lobte sie für ihre Bravheit. Als der Schäferhund dann doch einmal kurz böse aufbellte, antworteten Aron und Belana entsprechend. Mit einem Leinenruck und einem lauteren 'Ruh!' war die Ruhe wieder hergestellt. Ich lobte sie sofort wieder für ihre Bravheit: 'So ist's fein, brave Hunde!' Ich hatte mit Schlimmerem gerechnet. Wenn wir dem Schäferhund das nächste Mal begegnen, werde ich meinen Hunden wieder die Leine möglichst lang lassen. Sie wissen längst, dass ich es nicht schätze, wenn sie jemanden anbellen oder anfletschen. Eingeengt in die Bei-Fuß-Position fühlen sie sich weit mehr bedroht als relativ frei beweglich mit Ausweichmöglichkeit."