"Sitz!" ist weniger wichtig als "Platz!", weil es nur kurzzeitig eingesetzt wird. Im Gegensatz zum Befehl "Platz!", der dem Hund eine Menge Geduld und Ausdauer abverlangen kann, wenn die Ablege-Übung auf über eine Stunde ausgedehnt wird, sitzen die Hunde nach "Sitz!" regelrecht in den Startlöchern und erwarten das nächste Kommando, ein Spiel oder eine Belohnung. Während ich Platz-haltende Hunde nach Möglichkeit abhole, indem ich bis zu ihnen hin gehe und erst nach dem Loben und Belohnen die Zauberformel "Auf, auf!" spreche, dient "Sitz!" immer dem kurzfristigen Warten auf die nächste Aktion. Das ist schon deshalb zweckmäßig, weil Hunde wie Wölfe von Natur aus nicht lange sitzen. Entweder bewegen sie sich bald weiter, oder sie legen sich nieder. Trotzdem sollte die Zeitdauer des Sitzens wie beim Platzhalten vom Hundeführer mit einem anderen Kommando oder einem Aufhebe-Befehl wie "Auf, auf" beendet werden, damit der Hund sich nicht während der Übung verselbständigt.
"Sitz!" sage ich auf Spaziergängen noch heute oft, nachdem ich meine Hunde zu mir gerufen habe, sei es, um mit ihnen ein wildes Spiel zu beginnen, sie von etwas interessantem abzulenken oder um sie nach entsprechendem Lob unauffällig anzuleinen. "Sitz!" sage ich, wenn ich mit ihnen "gib Laut!" üben möchte oder wenn ich sie nach einer Galoppstrecke mit Fahrradbegleitung oder nach Zugarbeiten belohnen möchte. "Sitz!" ist gut nach "Hier!", wenn sich meine Hunde vor mir versammeln und dafür ohne sich zu streiten belohnt werden sollen.
Ein Welpe lernt am schnellsten sich zu setzen, wenn Sie "Sitz!" schon einige Male gesagt haben, während er sich ohnehin gerade setzte. Erregen Sie mit dem Wort "Sitz!" seine Aufmerksamkeit und führen Sie ein Leckerli über seinen Kopf nach hinten. Er wird ihm mit seinen Blicken folgen und sich setzen, sobald die Kopfbewegung nach oben und hinten für sein Genick unangenehm werden würde. Loben Sie ihn. Ein Leckerli und "Auf, auf!" kann diese Übung abschließen. Haben Sie diese Übung mehrmals wiederholt, sagen Sie dem Hund "Sitz!", wenn er gerade neben Ihnen in der Küche steht. Sobald er sich setzt, loben und belohnen Sie ihn. Versteht er Sie nicht, helfen Sie wieder nach, entweder wie gehabt mit dem Leckerli oder, indem Sie ihn sanft in die gewünschte Position drücken. Loben und belohnen Sie ihn dann wieder, bevor Sie ihn aufstehen lassen. Verbinden Sie mit "Sitz!" eine charakteristische Handbewegung. Ich habe immer den erhobenen Zeigefinger gezeigt, den ich dann nach unten gewendet habe. Wenn der größere Hund später Kombinationsübungen lernt, in denen "Sitz!" ein Bestandteil ist, wie beim Apportieren vor "Aus!", genügt bald diese Handbewegung zur Erinnerung, denn Sie wollen ja nicht ständig alle Kommandos sagen müssen. Wenn meine erwachsenen Hunde von mir ein Stöckchen geworfen bekommen, ist ihnen die Aufgabe einschließlich sich Setzen und in die Hand Ausgeben längst ohne Fingerzeig oder Befehl klar.
Auszug aus Belanas Tagebuch vom 25.8.1997, dem ersten Tag, den die damals sechs Wochen junge Belana bei uns verbrachte:
"Als sie müde zu werden schien, trug ich sie in die Küche, die bei uns welpensicher gemacht worden war. Dort veranlasste ich sie mit dem gefüllten Teelöffel, den ich 'Sitz!' sagend über ihren Kopf nach hinten bewegte, die gewünschte Sitz-Position einzunehmen, dann durfte sie das Fleisch-Bröckchen vom Löffel fressen. Ich fütterte sie, solange sie brav und aufmerksam sitzen blieb. Dann legte ich sie auf ausrangierten Textilien schlafen. Ich streichelte sie, bis sie die Augen geschlossen ließ, schlich mich dann aus der Küche und schloss leise die Tür. Es war jetzt 2:30 Uhr."
Ein fröhliches Spiel ist "Sitz!" und "Hier!" mit weglaufen, nachjagen und "Beute machen":
"Heute übte ich einzeln 'Sitz...und hier!' mit meinen Kleinen im Garten. Die anderen vier Hunde mussten solange in der Wohnung bleiben. Es wäre sonst zu chaotisch geworden. Längere Zeit Sitzen kennen meine Süßen ja so noch nicht, jedenfalls nicht, wenn ich mich entferne. Dazu gibt es sonst 'Platz!'. Demzufolge konnte ich es Anjin auch nicht übel nehmen, wenn sie sich legte, sobald ich mehr als 5 m Abstand von ihr hatte. Ich kam dann zurück und korrigierte sie sanft. Wenn nach etwa 10-20 m mein '...hier!' ertönte, rannte ich mit der Beißwurst weiter weg vom Hündchen, das dann hinter mir her gesprintet kommen und die Beißwurst fangen durfte. Darauf folgte dann ein herrliches Tauzieh-Spiel. Anjin spielte es wie immer heftiger als Arabelle. Wenn ich die Beißwurst zwischendurch in der Spielphase warf, jagte sie sie und griff sie mit einem fast wütenden Knurrton. Es hörte sich witzig an und ich freue mich, dass sie kein 'Wuff!' verwendet, wie Belana lange Zeit. Letzteres würde das Spielen spät abends unmöglich machen, da es zu laut wäre für die Nachbarschaft." (Tagebuch-Eintrag vom 19.6.2000)