Das eine andressieren, das andere abgewöhnen

Das Lernen erfolgt beim Hund in zwei Richtungen:

1) Unterlassungserziehung: Verhaltensweisen, die uns Menschen nicht passen, verleiden wir dem Hund oder wir dressieren ihm Alternativ-Handlungen an. So kann freudiges Anspringen durch Stehen auf der kurzen Leine oder konsequent eingefordertes "Sitz!" zur Begrüßung unterbunden werden. Klauen vom Tisch, den Mond anbellen, Türen zerkratzen, Ihre Sachen zerkauen, Jogger jagen usw. sind zu unterbinden und abzugewöhnen.

Wichtig ist, dass wir spontan genug reagieren, um den Tieren die Unarten in flagranti zu vermiesen oder sie mit einem Befehl zur Alternativ-Handlung rechtzeitig abzulenken. Das Verleiden von Unarten funktioniert am nachhaltigsten, wenn der Hund mit der erlebten negativen Einwirkung nicht die Anwesenheit von Herrchen/Frauchen verbindet ("Liebe-Gott-Effekt"). Die Handlung selbst scheint auf etwas Unangenehmes zu führen, also wird der Hund sie nicht wiederholen wollen. Ein Beispiel: Ein Hund möchte ein extra dafür an die Tischkante gelegtes Wurstbrot stehlen. Man beobachtet ihn dabei durch einen Türspalt. In dem Moment, in dem der Hund zupacken möchte, wird er von einem Pantoffel unsanft in die Seite getroffen oder eine Klapperdose landet scheppernd neben ihm, ohne dass Herrchen/Frauchen in Erscheinung tritt. Würde man diesem Hund mit "Nein!" oder einem Klaps das Stehlen abgewöhnen wollen, wäre er vielleicht klug genug, Herrchens/Frauchens Abwesenheit demnächst für erneuten Diebstahl zu nutzen, wohingegen er sich bei Anwesenheit korrekt verhält.

2) Fertigkeiten erlernen: Verhaltensweisen, die uns Menschen gefallen, werden verstärkt und zu Handlungsketten ausgebaut. Triebe, die uns nützen, werden auf bestimmte Bahnen gelenkt. Ein Beispiel ist das Kontrollieren des Jagdtriebes zum Suchen und Apportieren von Gegenständen, zum Helfen bei der Jagd, für den Schutzdienst, in der Rettungshundearbeit oder zum Treiben von Vieh. Der Meutetrieb wird beim Welpen genutzt, um ihn frei führen zu können, das Revierverteidigen dient dem Schutz von Haus und Hof. Das Bewegungsbedürfnis kann zum Ziehen von Schlitten und Wagen oder für Agility, Turnierhundesport, Flyball usw. genutzt werden. Das Andressieren gewünschter Handlungen ist eine Kunst, die viel Konsequenz, Geduld und eine gute Beobachtungsgabe erfordert.

Allerdings kommt es häufig zu "erlernten Unarten", die Hundebesitzer ohne es zu merken ihren Hunden anerzogen haben und die sehr schwer wieder zu unterbinden sind. Ein Beispiel ist ein Hund, der die Erfahrung gemacht hat, dass er sein Frauchen herbei bellen kann und der deshalb nie allein gelassen werden kann, wenn man auf Nachbarn Rücksicht nehmen will oder muss.

Man muss deutlich genug belohnen, aber auch deutlich genug strafen können, ohne den Hund zu verängstigen. Auf den richtigen Moment und das richtige Maß kommt es an.

Unarten dürfen nicht einreißen. Ein oft beobachtetes Beispiel, wie es nicht sein sollte: Viele Hunde empfinden die beim Zerren an der Leine ständig auf ihr Hinterteil gedonnerte Leine ihres hysterischen Frauchens schlicht als "Scheiß Spiel" oder als Schicksal, ohne zu begreifen, was eigentlich gemeint ist. Solch ein armer Hund hat doch immer ziehen müssen, um Frauchen überhaupt in die "richtige" Richtung zu lenken und in Bewegung zu halten! Einen Moment des Nicht-Ziehens, der gelobt und belohnt wurde, hat der Hund gar nicht erst kennen gelernt. Außerdem wurde er noch nie richtig abreagiert. Systematisches Leinenführigkeits-Training fand nie statt.