"Komm!" oder besser "Hier!" trainiert man vom ersten Tag an. "Hiiier!" erwies sich im Vergleich zu "Komm!" als brauchbarer, sowie die Distanz größer wurde. Das hohe, langgezogene "i" macht es weithin hörbar und unverwechselbar.
"Hier!" in Verbindung mit dem Namen des Hundes rufe ich anfangs aus der Hocke mit ausgebreiteten Armen. Mit "Hier!" muss sich jedes Mal etwas möglichst angenehmes für den Welpen verbinden. Wenn er von selbst kommt, weil er mit mir spielen will, und vor jedem Füttern rufe ich ihn in der gleichen Weise. Besonders gut lässt sich dieses Kommando in Verbindung mit Weglaufen vor dem Welpen üben. Der Meutetrieb sollte so stark sein, dass er auch ohne Kommando folgen würde.
Der älter werdende Junghund hat manchmal vielleicht aber wichtigeres zu tun, als sich in einem spannenden Moment zu Ihnen zu bewegen, um Streicheleinheiten und Futter zu kassieren. Warten Sie nie auf Ihren Hund! Wiederholen Sie das Kommando und laufen Sie ihm weg! Machen Sie ein Versteckspiel daraus. Springt er nicht gleich auf, um sich ihnen anzuschließen, muss er Sie suchen. Solange er sich schnell einsam fühlt, ist die Angst vor dem Alleinsein eine gute Motivation. Mit steigendem Selbstbewusstsein und wachsender Selbständigkeit, nimmt jedoch die Motivation durch den Meutetrieb ab. Ab dem vierten Lebensmonat ist es aufgrund des nun wachsenden Jagdtriebs sicherer, konsequent die Schleppleine einzusetzen, um selbstbelohnende Abenteuer, wie z. B. das Hetzen, zu unterbinden und den Hund zuverlässig zu machen.
Kommt der Hund trotz des "Hier!"-Rufs nicht, wird er abgetroffen. Ist nichts anderes in Ihrer Nähe, nehmen Sie Lehmbröckchen, Grassoden (= Grasbüschel mit Wurzeln und Erde) oder das Schlüsselbund. Aber verlieren Sie es nicht im hohen Gras! Üben Sie das Kommando "Hier!" in Testsituationen, in denen der Hund gerade in Ihrer Wurfweite herumschnuppert, buddelt oder weiterläuft. Er muss jetzt SOFORT hören lernen - aufs erste Wort! Als ungefährliches Wurfgeschoss hat sich ein Ei-großer runder Kiesel, eingehüllt in mehrere alte Socken, bewährt ("Wurfei").
Leinen Sie ihn nicht zu schnell wieder ab! Gerade in einer ungefährlichen Umgebung kann so manches Tier aufspringen und ihn zum Nachlaufen animieren. Vielen Hunden genügt eine noch frische Spur, die Sie ohne Hund nicht einmal bemerken würden. Machen Sie nicht den Fehler, "Hier!" erst dann hinter ihm herzubrüllen, wenn er bereits bis zum Horizont gejagt ist. Möglicherweise hört er Sie neben einem vorbeifahrenden Güterzug dann ohnehin nicht. Hört er das Kommando, braucht aber nichts zu befürchten, wird ihm seine heiße Spur sicher wichtiger sein, als Ihretwegen umzukehren. Machen Sie dann noch den Fehler, den Hund, der sich einige Zeit später abreagiert hat und aus eigenem Antrieb freudig zu Ihnen zurückkehrt, für sein Weglaufen zu bestrafen oder für sein Herankommen zu belohnen, haben Sie ihn schon halb verdorben. Folgende Fehlverknüpfungen sind möglich: Er kann die Strafe mit seinem Herankommen verbinden und sich das nächste Mal überlegen, ob er überhaupt wieder zu Ihnen kommt. Er kann eine Belohnung als Motivation auffassen, öfter für Sie auf Jagd zu gehen.
Sind wir sicher, dass unser "Hier!" funktioniert, kann mit dem abgeleinten Hund weiter geübt werden. Fröhliche Suchspiele können dabei helfen:
"Nachmittags übte ich mit allen gleichzeitig die Stöber-Suche nach mir. Belana und Aron kennen ähnliche Übungen aus der Rettungshundeausbildung. Zunächst gilt 'Platz!' und jemand wird versteckt. Heute war ich es selbst. Dann kommt ein 'Such und Hilf!' oder einfach ein 'Hier!' in unserem Falle heute. Wenn die versteckte Person gefunden ist, wird in ihrer unmittelbaren Nähe laut gebellt. In allen Fällen fand mich Belana, die mit einem unglaublichen Tempo suchte. Ihr folgten Aron und die Töchter, die alle zusammen einen Riesenkrach zu meiner Begrüßung machten. Ich glaube, die Kleinen konnten mein 'Gib Laut!', was ich ihnen bei diesem Spiel erklären wollte, gar nicht hören, so laut waren sie alle zusammen. Zum Schutz der Nachbarschaft wiederholte ich die Übung nur wenige Male und stellte die Bande auch schnell wieder mit 'Ruh! Schluss! Ruh!' ab, während ich die Leckerlis als Belohnung verteilte. Alle Hunde hatten großen Spaß an dem Spiel. Sogar Gladess machte mit, obwohl sie mich (oder das Rudel) oft erst fand, als ich bereits Belohnungen verteilte und gerade 'Ruh!' durchzusetzen versuchte, wenn ihr 'Wuff!' kam!" (Tagebuch-Eintrag vom 17.6.2000)
Die Begegnung mit fremden Menschen und Tieren kann ein Heranrufen erfordern. "Hier!" in Verbindung mit meinem Wegrennen und Leckerlis zur Belohnung übte ich mit meinen Welpen, aber auch mit den erwachsenen Hunden zu Hause und unterwegs immer wieder. Dieses Spiel erwies sich oft als nützlich, wie z. B. in folgender Situation:
"... Zwei Erwachsene, die ihre Fahrräder schoben, kamen von einem Seitenweg dazu. Belana war am weitesten vorgelaufen und meldete diese potentielle Gefahr lautstark. Sie sprintete sofort auf die Leute zu. Ihre Töchter und Aron folgten ihr, ebenfalls kläffend. Um die Passanten nicht unnötig zu erschrecken, rannte ich in unserer Richtung ein Stück vor und rief dabei 'Hier! Hier!'. Alle meine Hunde drehten sofort ab, um zwar noch einen Moment kläffend, aber doch auf mich zu und nicht mehr auf die Fremden zu zu rennen." (Tagebuch-Eintrag vom 20.5.2000)
Sich klein machen beim Abrufen, als sei man ganz weit weg, kann das "Hiiier!" verstärken:
"... Da aber auch hier das Hundeauslaufgebiet nicht so groß ist, dass man mit einmal durchlaufen einen richtigen Spaziergang hätte, dehnte ich unsere Tour auf die agrarisch genutzten Flächen in der Umgebung aus. Wir liefen gerade den Rand eines Stoppelfeldes entlang, als Belana und ihre Töchter plötzlich angaloppierten. Ich schaute mich um und sah den Grund: Aus dem Wald heraus galoppierten drei große Pferde den gegenüberliegenden Ackerrand entlang. Ich rief sofort 'Platz!'. Aron legte sich sofort brav hin, aber Belana hörte mich nicht mehr. Also rief ich 'Hiiiier!' hinterher. Als auch das nichts half, bat ich meine Mutter, in die Hocke zu gehen. Ich tat dasselbe und wiederholte mein 'Hiiiier!'. Belana und die Töchter waren jetzt schon weniger als 10 m nah an den Pferden und ich machte mir Sorgen um die kleinen Collieköpfchen in der Nähe so schwerer Hufe. Pferde und Reiter blieben gottlob unbeeindruckt. Belana schaute sich um, sah uns nicht mehr und drehte ab. Zusammen mit den Töchtern kam sie zu uns zurück. Ich legte sie zur Begrüßung dann doch noch ab, machte die Leinen an allen Hunden fest und vermied so weitere gefährliche Situationen für den Rest des Weges. Klar, Pferden sind wir bisher nur in der Eifel bei meiner Schwester begegnet und auch die werden von Belana und ihren Töchtern leider noch nicht so neutral begrüßt, wie ich es gerne hätte. Da im Düsseldorfer Staatsforst Reitwege und Fuß-/Fahrradwege 100%ig voneinander getrennt sind und das Reiten in den Parks verboten ist, hatte ich mit frei herumrennenden Pferden überhaupt nicht gerechnet. Aber auch in solchen Situationen sollte das 'Platz!' bei allen vier schnellen Hunden funktionieren, nicht nur bei Aron. Da habe ich also auch an Belana noch etwas nachzuarbeiten..." (Tagebuch-Eintrag vom 31.8.2000)
Tags drauf hielt ich fest:
"... Bei Begegnungen mit anderen, ebenfalls angeleinten und meist provokanten Hunden wollten meine so wie immer mit kollektivem Gebell auf ihre Stärke aufmerksam machen. Ich änderte meine Strategie in solchen Situationen. Hatte ich sonst immer 'Platz und Ruh!' gefordert, wobei ich letzteres nur durch meine Hände und diverse Schnauzengriffe einigermaßen durchgesetzt bekam, orderte ich heute 'Hier!'. Dafür hatte ich die Hunde gut 2-3 m an der Leine in Richtung fremder Hund vorgehen lassen. Mit der Ausführung des 'Hier!' verbunden war ein Abwenden vom fremden Hund hin zu mir. Vom Aus-der-Sicht-Nehmen versprach ich mir eine (Kläff-)Trieb-hemmende Wirkung. Wer auf mein 'Hier!' reagierte und sich brav vor mich setzte, bekam lecker Fresschen - Hundekuchen oder Trockenfutter. Meist kam Belana zuerst, gefolgt von Arabelle. Dann kam Aron, oft jedoch erst, nachdem ich ihn mit einem Klaps mit der Reitgerte auf den mir immer noch zugewandten Hintern daran erinnert hatte, dass ich gerade etwas gesagt hatte, und zum Schluss Anjin, die sich auch vom (leichten) Klaps mit der Reitgerte genauso wenig wie durch einen Leinenruck beeindrucken ließ, sondern von mir mit der Leine herangezogen werden musste. Sah sie dann, dass es etwas zu Fressen gab, setzte sie sich sofort neben die anderen und wollte auch etwas haben. Der andere Hund war vergessen, Fresschen war wichtiger. Ich will das 'Hier!'-Kommando so festigen und die positive Verknüpfung 'fremder Hund in Sicht = Fresschen kann bei Frauchen abgeholt werden' in den nächsten Tagen weiter einüben, indem ich NUR NOCH draußen bei solchen Gelegenheiten Futter verteile. Ich bin zwar überzeugt davon, dass das, was ich sonst zubereite, eigentlich das gesündere Futter ist, aber diese Erziehungsphase wird ja nicht ewig dauern und wenn die Verknüpfung erst einmal soweit sitzt, dass das Gekläff gegen andere Hunde durch freudige Futter-Erwartung ersetzt ist, kann ich die Tagesration in selbst Gekochtes und Leckerlis für unterwegs aufteilen..." (Tagebuch-Eintrag vom 1.9.2000)
"Die häufigsten Kommandos, die ich täglich gebe, sind 'Hier!' und 'Sitz!'. 'Hier!' rufe ich, um meine Bande aus dem Freigehege zurückzurufen, zum Beispiel, weil Rawau zu hören ist. Wenn alle flott kommen, gibt es danach entweder die gefüllten Futternäpfe zur Belohnung oder 'Sitz!' und ein paar Trockenfutterbröckchen aus meinen Händen. Letzteres kommt täglich mehrere Male vor."
(Tagebuch-Eintrag vom 2.2.2001)
Namentlich einzeln abrufen ist in der Mehrhunde-Haltung besonders wichtig:
"... Nachmittags übte ich mit unseren fünf Hunden die eigenen Namen. Ich ließ sie alle an einem Fleck Platz halten und rief sie dann einzeln zu mir. Bei mir mussten sie sich dann gleich wieder hinlegen, bekamen ein Leckerli und der nächste war dran. Hatte ich sie dann wieder alle an einem Fleck, konnte ich in einen anderen Raum gehen und sie wieder einzeln zu mir rufen usw. Die ruhige Bestätigung mit dem Leckerli fand ich wichtig, um nicht wieder so eine Explosion auszulösen, wie ich sie am Sonntag vor acht Tagen erlebte. Anders und Anjin wollten jeweils einmal voreilig mitlaufen und wurden von mir mit Handzeichen und einem 'Zurück auf deinen Platz!' zurückgeschickt. Sie kamen dann als letzte an die Reihe. Insgesamt verlief die Übung ganz ordentlich." (Tagebuch-Eintrag vom 18.6.2001)