"Fuß!" mit Kopfhalfter

Als sanfte Erziehungs- und Führhilfe hat sich das Kopfhalfter ("Halti") bewährt. Im Gegensatz zum Stachelhalsband, das den Hund in den Hals "beißt" und so Aggressionen oder zumindest Stress hervorruft, ahmt ein leichtes Zuziehen des Schnauzenriemens den von der Mutterhündin oft zur Disziplinierung eingesetzten, nicht verletzenden Griff über den Fang nach.

Der Einsatz des Kopfhalfters setzt eine meist mehrtägige Eingewöhnungsphase voraus. Der Hund bekommt das Kopfhalfter einfach so zwischendurch zu Hause angezogen, darf nicht daran herumkratzen, wird aber verwöhnt, bekommt Futter, darf einfache Übungen machen gegen Leckerlis - alles, was einen positiven Bezug und eine Freude, dieses Ding angezogen zu bekommen auslöst.

Die meisten Hunde können ihre Kopfhalfter abstreifen. Das sollte während der Eingewöhnungsphase verboten werden, aber, ob er sich in einer Stress-Situation an dieses Verbot hält, ist ungewiss. Schon deshalb ist das andere Ende der Leine an Halsband oder Führgeschirr anzuhaken. Außerdem soll der Hund ja nur zur Korrektur die Halfter-Leine spüren. Beim normalen Führen sollte man mit der normalen Einwirkungsmöglichkeit an Halsband oder Führgechirr auskommen. Der physikalische Vorteil beim Führen am Kopfhalfter ist der gleiche, den wir beim Führen von Pferden am Halfter haben: Der Hund kann sich nicht mit seiner gesamten Masse in die Leine werfen und Herrchen/Frauchen hinter sich her ziehen. Schon die damit zurückgewonnene Selbstsicherheit des Hundeführers ist eine Menge wert, denn eine ängstliche Stimmung seinerseits verunsichert sonst den Hund, der dann meint, umso mehr aufdrehen zu müssen, um alles zu regeln. Das Kopfhalfter wirkt selbst regulierend. Versucht der Hund damit vorzupreschen, wendet er automatisch seinen Kopf in Richtung Halter und zieht den Nasenriemen unangenehm zu. So verliert er einerseits den Blickkontakt zu seinem Ziel und wird andererseits wieder ansprechbar – ein enormer Vorteil für die Einwirkungsmöglichkeit und die Erziehung!

Vorsicht: Das Kopfhalfter darf auf keinen Fall bei einem noch wild herum springenden Hund an langer, unelastischer Leine eingesetzt werden! Die Halswirbel sind in Gefahr! Gewöhnen Sie einen solchen Hund mit kurzer Leine, am bestem bei Fuß am geflochtenen Gummiband an die neue Einwirkung! Zum wilden Spiel, z. B. mit anderen Hunden, gehört das Kopfhalfter abgenommen. Die Verletzungsgefahr wäre sonst zu groß. Überhaupt muss ein Hund am Kopfhalfter mit Fingerspitzengefühl geführt werden. Ruckt ein Hundeführer versehentlich am Kopfhalfter, kann er damit vor allem bei einem kleinen Hund arge Wirbelsäulenschäden auslösen. Es soll sogar schon Fälle gegeben haben, in denen durch den unsachgemäßen Gebrauch des Kopfhalfters beim Hund Genickbruch bewirkt wurde! Da auch Menschen in einer Stress-Situation Fehler machen, empfehle ich grundsätzlich die Gummileine zum Führen am Kopfhalfter.

Zum pädagogisch sinnvollen Einsatz gehört die normale Leine, die am normalen Halsband, z. B. einem breiten, feststehenden Lederhalsband, oder einem Führgescirr befestigt ist und am anderen Ende mit dem Gummiband verlängert am Halfter befestigt wird. Der Hund wird erst, sobald er zieht und sich vom Hundeführer nicht mehr ansprechen lassen will, mit sanftem Zug an der Kopfhalfter-Leine korrigiert.

Mir haben Kopfhalfter jedoch auch oft geholfen, einfach die Sicherheit im Straßenverkehr zu gewährleisten, wenn ich mit mehreren kräftigen, aber noch nicht zuverlässigen Hunden unterwegs war.

Hierzu ein Beispiel. Eintrag in Belanas Tagebuch vom 18.9.1997:

"Wenn ich außerhalb des Gartens in Leinenzwangzonen spazieren gehe, hat Aron ein Halfter an, damit er sich selbst ausbremst, sobald er fremde Rüden angreifen will. Ganz frei passiert normalerweise gar nichts, ist nur leider bei uns nicht erlaubt. Die Rüden, die er angeleint angreifen will, sind in der Regel selbst schuld, weil sie ihn provozieren. Es ist wohl das natürlichste Verhalten, das man von einem ausgewachsenen, selbstbewussten Rüden erwarten kann, wenn er versucht, sich diese Großmäuler unterzuordnen. Da ich aber weder Lust darauf habe, mit anderen Rüdenhaltern Streit zu bekommen, noch riskieren möchte, dass Aron tatsächlich mal so zubeißt, dass ein anderer Hund verletzt wird, führe ich ihn normalerweise bei Fuß an diesen Hunden vorbei. Mit drei Hunden an einer Hand möchte ich aber einfach nur spazieren gehen, ohne zwischendurch Kommandos geben zu müssen, die Belana noch nicht verstehen kann, die sie also als bedeutungslos einstufen könnte, was späteres bei-Fuß-Training erschweren würde ("Kuhglockeneffekt"). Um zu Arons gelegentlichen Wutausbrüchen nichts sagen zu müssen und auch nicht mit beiden Händen in die Leine greifen zu müssen, wenn wir an einem seiner Feinde vorbeikommen, ist dieses Halfter ideal. Der Zuzieh-Mechanismus um die Schnauze bewirkte anfangs, dass Aron den Sprung in Richtung Rüde im nächsten Moment bereute. Er lernte schnell, dass es das Beste ist, auch in solchen Situationen brav neben mir zu bleiben und die Klappe zu halten. Außer der eigenen Bequemlichkeit ist auch die Vorbildfunktion Belana gegenüber ein wichtiges Argument für dieses Halfter. Ich möchte auf jeden Fall vermeiden, dass sie demnächst mit Aron gemeinsam fremde Hunde ankläfft. Gladess ignoriert fremde Hunde und Menschen perfekt. Sie war immer schon so brav."

Ehrlich gesagt, stimmt der letzte Satz nicht ganz. Nur erinnert man sich nicht mehr so gut an die vielen "Kleinigkeiten" der Hunde-Erziehung nach weit mehr als einem Jahrzehnt, bzw., man vergisst sie ganz gerne.

"Fuß!" hat unser zurückgekehrter Junghund Anders während eines Einzelspaziergangs mit Kopfhalfter gelernt:

"Siehe da, es gibt keinerlei Startgebell, wenn ich meine laufeifrigen Hunde einzeln hinaus führe. Da ich längere Zeit nicht 'Fuß!' gefordert hatte, zog ich meinen Süßen für die Tour ein Halti an, um sie gezielt und möglichst sanft korrigieren zu können. Jeder kam dran. Aron und Belana musste ich kaum korrigieren, die Töchter schon etwas stärker und Anders hat heute erst so einigermaßen begriffen, was 'Fuß!' überhaupt bedeutet. Mit seinem aufmerksamen, vorsichtigen Wesen lernt er zum Glück sehr schnell..." (Tagebuch-Eintrag vom 1.11.2000)