Trennungsangst

Wenn Hunde entgegen ihrer Gewohnheit alleine gelassen werden, kann es zu Angst- oder Protest-Äußerungen kommen, weshalb es so wichtig ist, das Alleinbleiben möglichst frühzeitig zu üben. So musste unsere Belana aufgrund ihrer Sportverletzung am linken Knie eines Tages zu Hause bleiben: "Unsere abendliche Joggingtour machte ich heute ohne Gladess und ohne Belana. Was für Gladess selbstverständlich geworden ist, ist es für Belana noch lange nicht. Obwohl ich sie in ihre Hütte gelegt hatte, in der sie zunächst auch ruhig war, bemerkte sie unseren Aufbruch und begann sofort mit tiefem, lang gezogenem Wolfsgeheule, was wohl bedeuten sollte 'Hier bin ich! Ich kann nicht raus! Helft mir! Ich möchte doch mit!' Belana tat mir leid. Aber mitnehmen durfte ich sie doch nicht! Ein drohend gesprochenes 'Ruh!' stellte sie nur solange ab, bis ich mich umdrehte. Ich musste sie zusätzlich mit der Reitgerte erschrecken. Danach war sie mucksmäuschenstill." (Tagebuch-Eintrag vom 19.4.2000)

Einen Tag, nachdem wir unseren gerade 9 Monate alten Anders zurück bekommen hatten,  fiel mir Folgendes auf:

"Als sich meine beiden menschlichen Familienmitglieder bürofertig machten, begann Anders sie scharf zu beobachten. Als sie ihre Schuhe anzogen, begann er zu jammern und hin und her zu laufen. Er fiepte und weinte noch mehr, als sie gingen und legte sich schließlich von innen an die Tür, durch die ihn ja auch sein voriges Frauchen samt Sohn verlassen hatte. Ich lenkte ihn ab, so dass das Gejammer bald wieder aufhörte. Später ging ich einkaufen. Als ich wegging und wiederkam, war er ruhig." (Tagebuch-Eintrag vom 6.9.2000) Wir hatten Glück, dass Anders nur an diesem einen Tag solches Verhalten zeigte. Allerdings protestierte er auch später lange energisch, wenn ich mit einem anderen Hund wegging, um Einzelunterricht zu machen. Manchmal öffnete er sich in solchen Situationen sowohl Flurtür als auch Haustür selbst und rannte uns aufgeregt nach. Er wurde natürlich unmissverständlich zurückgeschickt und dann sicher verwahrt. Das zuletzt beschriebene Verhalten kann jedoch auf Eifersucht basieren, hat also nicht unbedingt mit Trennungsangst zu tun.

Anders hatte mit meinem "Warten müsst ihr" einen Monat später noch einmal ein echtes Problem, seitdem aber nicht mehr:

"Ich setzte heute meinen Sohn als Dogsitter ein, weil mein Mann und ich einen Termin 500 km weit weg hatten, zu dem Hunde unpassend gewesen wären. Schon beim Abschied, als ich erklärte 'warten müsst ihr!' zeigte sich Anders extrem beunruhigt, während die anderen es gelangweilt zur Kenntnis und wesentlich ruhiger blieben, als hätte ich die Absicht signalisiert, sie mitzunehmen. Anders klebte so an mir, dass ich mir kaum die Schuhe anziehen konnte, fiepte und jammerte, hüpfte sanft an mir hoch, immer versucht, mit seinen Vorderpfoten möglichst hoch meine Schultern zu berühren. Ich umarmte ihn, drückte ihn an mich und wiederholte ruhig 'warten müsst ihr!', was ihn natürlich nicht beruhigen konnte. Anders zeigte die typische Reaktion eines Hundes, der schon einmal für immer verlassen wurde und nun unter Trennungsangst leidet. Dabei blieb unser Sohn bei den Hunden, aber das tröstete ihn erst einmal nicht. Als wir spät abends zurück waren, erzählte unser Sohn, dass Anders jedes Mal, als er in den Garten gelassen wurde, um sich gebellt hatte, so dass er ihn ganz schnell wieder herein geholt hat. Wenn ich die Hunde in den Garten schicke, ohne selbst mitzugehen, tut er das nicht. Nur wenn ich mit hinausgehe, um mit den Hunden zu spielen, bellt er erst einmal vor Aufregung, wenn ich dem nicht aktiv entgegenwirke. Ich denke, heute bellte er anders, nämlich aus Unsicherheit, weil die Führungsspitze des Rudels nicht da war..." (Tagebuch-Eintrag vom 7.10.2000)

Aber Anders ist ein intelligenter Bursche, der schnell dazulernt. Tags drauf hielt ich fest:

"... Nachmittags und abends blieben sie wie gestern mit unserem Sohn alleine zu Hause. Anders nahm unseren Abschied diesmal wie die anderen gelassen hin." (Tagebuch-Eintrag vom 8.10.2000)