Knabbern und Sachen zerkauen

Kaputte Schuhe, abgerissene Tapete, zerfetzte Zeitschriften, zerpflückte Zimmerpflanzen, zerstörtes Sofa... Ein junger Hund braucht etwas zum Zernagen und wir Aufmerksamkeit und Erziehung, um unsere Sachen und ihn zu schützen!

Welpen kauen auf allem herum, was sich ins Maul nehmen oder anknabbern lässt. Dies hat noch nicht unbedingt mit dem Zerreißen von Beute zu tun, sondern hängt damit zusammen, dass Welpen wie kleine Kinder ihre Umwelt mit allen Sinnen entdecken und kennen lernen möchten. Während des Zahnwechsels hängt ein verstärkter Beiß- und Kautrieb mit dem guten Gefühl zusammen, das das Kauen auf dem Zahnfleisch während des Durchbruchs der neuen Zähne bewirkt. Das Kauen hilft in dieser Phase auch, die Milchzähne rechtzeitig loszuwerden, bevor sie den bleibenden Zähnen im Wege stehen. In dieser Zeit beginnt der Hund aber bereits, an der Zerstörung erbeuteter Gegenstände besonderen Spaß zu haben. Als Fortsetzung für den Hund, nach dem Abschluss Ihrer Tauzieh-Spiele, sollten Sie ihm dafür geeignete Gegenstände ruhig überlassen. Er hat sich seine Beute erkämpft und darf sie nun zerlegen. Das ist eine Selbstverständlichkeit für heranwachsende Wölfe bei jeder Mahlzeit und bedeutet auch für unsere Hunde ein Erfolgserlebnis.

Natürlich müssen Sie genügend solcher Ein-Weg-Spielzeuge bereithalten, damit Ihr Hund sich nicht irgendwann an Ihrem Sofa austobt. Ich habe es nie nötig gefunden, diese Spielsachen einzukaufen, obwohl der Tierfachhandel eine Menge entzückender Büffelhaut-Knochen usw. anbietet. Bei uns sind ausrangierte Textilien (befreit von gefährlichen Knöpfen, Reißverschlüssen usw.), morsche Äste aus dem Forst, Klopapierrollen ohne Klopapier und Pappkartons immer gut genug gewesen. Hunde, die Teile ihrer "Beute" unbedingt fressen wollen, dürfen natürlich keine bedruckten Kartons bekommen. Dass ein junger Hund in der Wohnung ein Mehr an Aufräum- und Putzarbeiten bedeutet, sollte einem Hundebesitzer vor der Anschaffung des Hundes klar sein. Das Spielen mit alten Textilien ist übrigens erst dann zu empfehlen, wenn der Hund begriffen hat, dass er an Textilien, die er in der Wohnung findet, grundsätzlich nicht herumkauen darf.

Mit spätestens einem Jahr ist der Hund alt genug dafür, dass man ihm das Zerbeißen seiner Spielsachen in der Wohnung abgewöhnen kann. Es genügt dann, wenn er sie in der Hundehütte, im Garten oder auf dem Balkon zerlegt. "Bring es raus!" lautet das Kommando, das ich für die Fälle eingeführt habe, wo ich einen meiner Hunde beim Hereinschleppen seiner "Beute" erwischt habe. Anfangs beförderte ich das Spielzeug und den Hund noch selbst hinaus. Wo wir jetzt wohnen, dürfen aus dem Freigehege zurückgebrachte Knochen in der Küche weiter gekaut werden.

Entsprechend wurde das Kommando abgewandelt in "Bring es in die Küche!" Sobald dem Hund "Bring!" aus Apportierübungen und "raus!" aus vielen Situationen in Fleisch und Blut übergegangen war, gehörte es zur Selbstverständlichkeit, dass er "Bring es raus" - genügend betont - auch verstand. Schaute er mich dann trotzdem noch verständnislos an, sagte ich "bring!" und der Hund kam mit dem Kau-Spielzeug auf mich zu. Jetzt sagte ich "raus!" und zeigte auf die geöffnete Tür. Meine Hunde haben schnell begriffen, was ich von ihnen wollte. Das "es" ist in "Bring es raus" schlicht überflüssig, aber wer gelernt hat, in ganzen Sätzen zu reden, sagt den Befehl lieber so als nur "bring raus!". Das Wort "Küche" lernten meine Hunde im Zusammenhang mit dem Hereinrufen aus dem Freigehege. Nach dem Zusammenkommen auf mein "Hiiier!" verspreche ich meinen Hunden: "Gehen wir in die Küche. Ich hab was Feines für euch in der Küche." Da z. Z. immer in der Küche gefressen wird und dort auch oft Leckerlis verteilt werden, gehen die Hunde gerne in die Küche auf ihren eigenen Fressplatz, auf dem sie auch wieder hereingeholte Knochen ungestört weiter abknabbern oder fressen dürfen.

Meine Welpen und Junghunde dürfen immer ihre morschen Stöckchen nach dem Apportieren und Spazierengehen mit in die Wohnung nehmen und zernagen. Das schont die Einrichtung. Allerdings sollten die Hunde nicht von der ganz verfressenen Sorte sein und die dabei anfallenden Holzreste fressen. Das führt zu Verdauungsproblemen, zumindest Erbrechen.

Ein mögliches Mittel, um eigene Sachen zu schützen, ist Zitrusaroma:

"Arabelle begann aus Langeweile, an einer Ecke im Wohnzimmer Tapete von der Wand zu zupfen. Nach meinem 'Aus!' ging ich in die Küche, ritzte eine Zitrone oberflächlich an und schmierte mit ihr Zitronenaroma auf eben diese Ecke. Arabelle ging noch einmal hin, schnupperte und hatte kein Interesse mehr. Dass Hunde die ätherischen Öle der Zitrusschalen nicht gerade mögen, ist bekannt. Zum Knabbern stehen den Junghunden getrocknete, morsche Hölzer aus dem Wald zur Verfügung, mit denen sie in kurzer Zeit eine Menge Sägemehl produzieren, besonders nachts.
Auch an unserem alten Apportierholz darf geknabbert werden. Es ist lustig, wie regelmäßig scharf vierkantig die Kleinen die eine Seite geknabbert haben!" (Tagebuch-Eintrag vom 20.6.2000)

Jungbullensandknochen kaufte ich gelegentlich als leckere Knabberartikel und willkommene Alternative zu morschem Holz. Inzwischen liefern uns die Metzgereireste genug Knochen.

"Heute erhielt jeder meiner Hunde einen Jungbullen-Sandknochen mit jeweils etwas rohem Fleisch. Die Hunde lagen verteilt auf den Terrassen und auf dem Rasen. Als Aron als erster seinen Knochen aufgefressen hatte, lief er zu Anjin, stellte sich fordernd vor sie, knurrte und fletschte. 'Geh da weg, ich will den Knochen haben!', sollte das heißen. Anjins Augen blitzten ihn frech an. Sie dachte gar nicht daran, das Feld zu räumen. Ich mischte mich diesmal nicht ein. Langsam schleichend und immer unmissverständlicher drohend kam Aron zu ihr heran, bis sich die Nasen fast berührten. Jetzt versuchte Anjin, mit dem Knochen zu flüchten, was ihr jedoch nicht gelang, da Aron sich auf sie stürzte. Wütend fauchend biss er in ihre Mähne und unterwarf sie. Anjin schrie und quietschte, als habe ihr letztes Stündlein geschlagen. Als Aron sich dem Knochen zuwandte, öffnete ich die Terrassentür und erlaubte Anjin, zu mir herein zu kommen. Arabelle kam, durch Aron erschreckt, gleich mit in die Wohnung und ließ dabei sogar ihren Knochen zurück. Anjin wollte auf den Arm, aber ich tröstete sie nicht. Sie war schließlich selbst schuld. Wenig später wollte sie wieder hinaus. Ich öffnete ihr und sie lief zu Belana, die noch eifrig auf ihrem Knochen herumkaute. Anjin legte sich brav neben sie. Stunden später überließ Belana ihr ihren Knochenrest. Anjin war wieder glücklich. Arabelle hatte unterdessen ihren eigenen Knochenrest wieder gefunden.

Diese Knochen haben morschem Holz gegenüber einen Vorteil: Was verschluckt wird, wird auch verdaut. Geschluckte Holzteile werden ab einer bestimmten Menge oder Größe erbrochen. Besonders Arabelles Magen ist diesbezüglich empfindlich. Für spitze Knochen, wie z. B. schlecht gekaute Hähnchenreste gilt das allerdings auch."(Tagebuch-Eintrag vom 24.6.2000)

Meist beruht Zerstörungswut innerhalb der Wohnung auf Unterforderung und Unterbeschäftigung. Eine nachträgliche Bestrafung der Tiere wäre unsinnig, da sie diese mit der "Tat" nicht mehr verknüpfen können. Man ist dann eben selbst schuld:

"Über Nacht setzten die 'Kleinen' überschüssige Energien gegen die Unterkante des Sofas ein, das nun einige hundbedingte Schönheitsfehler aufweist. Obwohl mir völlig klar ist, dass ich an solchen Zerstörungen selbst schuld bin, schaffte ich es auch heute nicht, meine Süßen angemessen zu beschäftigen und zu bewegen. Kleiner Trost: Das Sofa ist schon einige Jahre alt und hat bereits andere Schönheitsfehler." (Tagebuch-Eintrag vom 25.11.2000)