Nicht zu berührende Hindernisse

Soll ein Sprung berührungsfrei erfolgen, kommt es auf das Tempo an, mit dem man ihn darauf zu steuert. Je schneller der Hund anläuft, desto wahrscheinlicher ist, dass er hoch genug springt und die Hürde nicht abwirft.

"Hopp!" über eine nicht zu berührende Bambusstange:

"... Dazu legte ich eine Bambusstange auf einen Stoff-Würfel. Das Hindernis war nicht hoch, aber es galt eben die Regel, dass die Stange oben bleiben sollte. Da meine Hunde im letzten halben Jahr nur Aufsprung-Hindernisse übersprangen, bei denen es möglich war, auf- und abzuspringen, war dieses Spiel für die Jüngsten etwas Neues. Ich lockte sie mit einer Hand voll Trockenfutter über das Hindernis. Aron wusste natürlich sofort, was los war, und demonstrierte den Wartenden, wie es gemeint war. Belana war zunächst zu aufgeregt und zu hektisch und riss die Stange etliche Male herunter. Arabelle musste ich nur kurz etwas am Halsband zurückhalten. Wenn sie dann sprang, sprang sie hoch genug. Anjin musste ich wesentlich kräftiger zurückhalten. Sie war wie Belana zunächst viel zu hektisch, um das Hindernis ernst zu nehmen und verriss die Stange. Anders verweigerte zunächst am Hindernis den Sprung. Er blieb an der Stange stehen und wusste offenbar nicht weiter. Er benötigte einen kurzen Impuls nach oben und vorne am Halsband. Dann sprang er. Und wie es für mein 'Federbällchen' typisch war, hüpfte er wesentlich höher als nötig..." (Tagebuch-Eintrag vom 19.6.2001)

"Hopp!" über eine Drahtzaunrolle:

"Heute Vormittag übte ich mit meinen Hunden wieder das Überspringen eines Hindernisses ohne 'Zwischenlandung'. Wie beim letzten Mal, sollte das Hindernis keine athletischen Höchstleistungen fordern, sondern dem Üben von 'Hopp!' und zur Gymnastik dienen. Da der Stoffwürfel mit der lose aufgelegten Stange letztens den Nachteil hatte, dass ich nach jedem Anstoßen die Stange neu auflegen oder zumindest ausrichten musste, suchte ich nach einem anderen Hindernis. Ich fand auch eins, nämlich den noch zusammengerollten Rest eines Wildzauns. Ich sorgte dafür, dass es keine gefährlichen Drahtenden gab und versicherte mich, dass das Material im Zweifelsfall nachgab bzw. die Rolle wegrollen würde, so dass für die Hunde keinerlei Gefahr davon ausginge, wenn sie sich vor Aufregung und Hektik ungeschickt anstellen sollten.

Die Hunde, die nicht dran waren, ließ ich im Wohnzimmer. Aron war zuerst dran. Ich rief ihn in den Flur. Unmittelbar nachdem er durch die Flurtür kam, schloss ich diese. Ich war positiv überrascht, dass die anderen zwar in heller Aufregung an der Tür blieben, jedoch auf Gebell verzichteten. Anders verzichtete sogar darauf, die Tür zu öffnen. Das hat er nämlich schon öfter gemacht, um doch mitzukommen, obwohl er nicht dran war. Da ich ihn jedes Mal mit einem strengen 'Nein, ab ins Wohnzimmer!' zurückgeschickt hatte, versuchte er es heute gar nicht erst.

Aron machte anfangs einige 'Wuffs!' vor Aufregung und sprang, ohne mein Handzeichen zu beachten, nach meinem 'Hopp!' senkrecht die Trockensteinmauern hinauf mitten durch meine Blümchen! Ich rief ihm sofort 'Kehrt!' nach. Er sprang runter, wieder durch meine Blümchen. Jetzt hielt ich ihn an der Mähne fest, bis er mein Handzeichen zu 'Hopp!' sah und in die richtige Richtung sprang. Er hatte es begriffen und sprang gleich freiwillig mehrmals hin und her. Dabei machte er noch das ein oder andere aufgeregte 'Wuff!' und kassierte jedes Mal nach der Landung sein wohlverdientes Trockenfutterbröckchen.

Belana machte anfangs auch einige Aufregung beweisende, schwer beschreibbare Lautäußerungen und zeigte sich bei den ersten Sprüngen so abgedreht hektisch, dass es gut war, so ein weiches, nachgebendes Hindernis zu haben. Ich versuchte, ihre Pausen zwischen den Sprüngen und ihren Abstand vom Hindernis vor dem nächsten Sprung zu vergrößern. So ging es besser und sie sprang ohne den Draht zu berühren. Nach dem so-und-so-vielten Sprung war sie leise und ausgeglichen. Ich schickte sie recht bald zurück ins Haus, weil sie ja eigentlich nicht springen soll mit ihrem seit dem Kreuzbandriss lockeren rechten Kniegelenk.

Anjin sorgte zunächst mal dafür, dass ab jetzt wirklich keiner im Ort mehr schlief. Sie machte Krach, als sie direkt vor der Haustür ihr erstes 'Sitz!' befolgte, als ich sie auf den kleinen Rasen hinauf lenkte und als sie zu 'Hopp!' - 'Nein, kehrt!' - durch die Blümchen den Hang hinauf flog. Kaum hatte ich sie wieder auf dem Rasen, war sie auch schon an mir vorbei noch eine Etage tiefer. 'Hierher!' orderte ich. Anjin achtete auf gar nichts, sondern sprang und landete - schluck! - innerhalb der Drahtrolle. Auch eine interessante Übung. 'Durch die Röhre voran!' erklärte ich ihr und beeilte mich, die Rolle von der Mauer wegzuziehen, die Anjin im nächsten Moment in der Drahtrolle gefangen hielt. Nach diesem Anfangschaos hielt ich sie an der Mähne, bis sie sich mein Handzeichen zu 'Hopp!' ansah und in die richtige Richtung abhob. Sie schaffte es die ersten 100 Sprünge, während ihrer Flugphase gleich 3 'Wuff!' ertönen zu lassen. Die ersten akustisch untermalten Sprünge hatte ich noch belohnt, dann forderte ich 'Ruh und Hopp!'. Sie befolgte das 'Hopp!' aber nicht das 'Ruh!' und bekam vorerst nichts mehr. Als sie nach weiteren 50 Sprüngen doch etwas außer Atem kam und versehentlich mal kein einziges 'Wuff!' ertönen ließ, lobte und belohnte ich sie umso mehr. Unter den folgenden Sprüngen waren solche, die ich belohnen konnte und solche, die mir doch noch zu laut waren. Ich weiß nicht, ob sie es schließlich begriffen hatte oder ob ihr einfach die Puste ausgegangen war. Jedenfalls erreichten wir irgendwann einen Zustand, in dem es nur noch leise Sprünge gab, die ich alle einzeln belohnen konnte.

Ich wechselte mein hechelndes Kraftpaket gegen den Totalchaoten Anders aus. Ihm fiel das erste 'Sitz!' an der Haustür schon schwer. Meist hatte er eine Vorderpfote startbereit in der Luft und hampelte auf der Stelle herum. Als er dann neben mir das Treppchen zum Rasen hinauf durfte, drängelte er sich rechts an mir vorbei und schmiss einen Blumentopf runter. Also ließ ich ihn erst einmal Platz halten, sammelte Pflänzchen und Erde in den Topf zurück, stellte ihn an seinen Platz und wandte mich dann erst wieder Anders zu, der schon fast explodierte vor Aufregung. Dass auch er zu 'Hopp!' den Hang hinauf starten würde, hatte ich mir gedacht und ihn vorsichtshalber gleich an der Mähne festgehalten. Ich lenkte ihn näher an das Hindernis und zeigte für ihn unübersehbar darüber hinweg. Anders flog wie erwartet Federbällchen-leicht hoch über das Hindernis hinweg. Bei seinem geringen Gewicht und seinen langen, inzwischen kräftigen Läufen kein Wunder. Was mich positiv überraschte war, dass er Ruhe hielt. Anders hüpfte hin und her, ohne irgendwas zu kommentieren. Während er seine Belohnung kassierte, stand er oft Männchen machend vor mir. Er ist voll aufgerichtet gar nicht mal viel kleiner als ich. 'Fein, mach Männchen!' lobte ich ihn dabei, obwohl es seine Idee war. Er soll wissen, wie so was heißt. Vielleicht mach ich ihm ja mal ein Kommando daraus. Jedenfalls ist er ein begeisterter Leise-Hüpfer.

Schließlich kam Arabelle dran. Arabelle kommt immer zum Schluss dran, weil sie in der Rangordnung ganz unten steht. Das ist auch aus einem zweiten Grund gut. Es ist die absolute Erholung, mit Arabelle zu arbeiten. Und Erholung kann ich nach den vier anderen und besonders nach den Tricolor-Temperamentsbündeln gut brauchen. Arabelle machte alles ganz brav. Vor dem ersten Sprung scheute sie geringfügig und schaute sich nach Umwegen um, aber als ich in ihr Halsband griff, sprang sie. Sie kassierte begeistert ihre Belohnung und hüpfte meinen 'Hopp!'s und Handzeichen folgend über das Hindernis. In der Gleichmäßigkeit, wie eine altmodische Uhr tick-tack macht, hüpfte sie hin und her. Und das ganz lautlos!

Ich machte vier Runden lang mit allen Hunden dasselbe. Anders schaffte es ein zweites Mal, mir den Blumentopf die Treppe runter zu schmeißen. Danach stellte ich die Blümchen weg. Aron erkannte das Hindernis jedes Mal bereits von der Haustür aus und begann schon mal mit dem Hin- und Herspringen, noch bevor ich überhaupt auf dem Rasen angekommen war und ein Kommando hätte geben können. Die einzige Abwechselung vom direkten Hin- und Herhüpfen bestand darin, dass ich die Hüpfer nach einiger Zeit am Rand des Rasens kurz Platz halten ließ und dann von da aus mit ein paar Metern Entfernung und Anlauf 'Hopp!' befolgen ließ. Als ich keine Zeit mehr für die Hunde hatte, schickte ich sie ins Freigehege. Anders, Arabelle und Belana kläfften kurz beim Start, doch dann war eine ganze Weile nichts mehr von den Hunden zu hören. Die Hüpferei hatte sie ruhiger gemacht, als sie es sonst oft im Freigehege sind." (Tagebuch-Eintrag vom 29.6.2001)