Apportieren mit mehreren Hunden

Generell sollte man darauf verzichten, mehreren Hunden gleichzeitig Stöckchen oder Spielsachen zu werfen. Die Gefahr, dass sie sich dabei ernsthaft streiten, ist viel zu groß. Innerhalb des eigenen Rudels kann es zur Konzentrations-Übung werden, durcheinander jedem sein Spielzeug zu werfen.Wichtige Voraussetzung ist, dass die Hunde gewöhnt sind, dass man nur mit diesem einen für sie geworfenen Gegenstand weiterspielt und sich auf keinen Tausch einlässt.

Fünf Hunde und fünf Tennisbälle gleichzeitig in Bewegung zu halten, empfand ich als besondere Herausforderung als unser A-Wurf vier Monate alt war. Die für dieses Spiel geltende Rangordnung, die sich durchaus von der Rangordnung in Bezug auf andere Situationen unterscheiden kann, ist zu beachten, um die Reihenfolge zu Beginn sinnvoll zu wählen. In diesem Fall musste die besonders durchsetzungsstark apportierende Belana vor dem eigentlichen Rudelchef Aron dran sein dürfen, um keinen Streit zu riskieren. So konnte ich fünf Hunde gleichzeitig abreagieren:

"Heute Nachmittag spielte ich im Garten eine ganze Stunde lang Apportieren mit allen fünf Hunden und fünf Tennisbällen parallel. Dabei ist es wichtig, dass ich selbst streng die Apportier-Rangordnung einhalte. Ich muss also zuerst Belanas Ball werfen, dann Arons, dann Gladess, dann Anjins und zuletzt Arabelles. So bleiben die, die noch nicht dran sind, neben mir stehen. Kommen sie dann einzeln zurück, kann ich gleich wieder werfen bzw. die Welpen erst belohnen und dann für sie werfen. Kommen mehrere gleichzeitig bei mir an, ist es zweckmäßig, zunächst alle Bälle einzusammeln und dann erst wieder in besagter Reihenfolge zu beginnen. Ich sage immer die Namen der Hunde dazu, obwohl aufgrund der Apportier-Rangordnung eh klar ist, wer als nächster starten darf." (Tagebuch-Eintrag vom 17.4.2000)

Über die Rücknahme unseres Rüden Anders und den Umzug kam ich längere Zeit nicht mehr dazu, mehrere Hunde durcheinander apportieren zu lassen. In unserem aktuellen Freigehege musste dieses Spiel neu begonnen werden. Das Einhalten einer bestimmten Reihenfolge genügte nicht, weil Belana ihrem Nachwuchs verbot, mit mir zu spielen und Aron zunächst einfach kein Interesse zeigte. Die Hunde mussten begreifen, dass ich für jeden genau sein Spielzeug werfe und das für alle durcheinander. Bevor meine Hunde dies lernten, war Apportieren immer Belanas Spiel gewesen. Das zuletzt geworfene Spielzeug wurde sofort von ihr erobert, zur Not unter Gewaltanwendung gegenüber dem Junghund, der es wagte, auch nur in seine Nähe zu kommen. Dann fegte der gesamte Nachwuchs kläffend hinter Belana her, die mir das Spielzeug brachte, während sich Aron distanzierte und im Freigehege Ecken markierte. Ich definierte zunächst, wem welches Spielzeug gehörte und ordnete fünf verschiedene Spielsachen den fünf Hunden so zu, wie es den Wünschen der Hunde meiner Beobachtung nach am besten entsprach. Nachdem ich mit jedem Hund und "seinem" Spielzeug einzeln fröhlich gespielt hatte, nahm ich alle fünf Hunde und alle fünf Spielsachen mit hinaus. Jetzt musste ich Belana verbieten, sich für die anderen Spielsachen zu interessieren und ihren Nachwuchs zurecht zu weisen.

Nachdem also die Spielsachen in Einzel-Spielstunden erfolgreich verwendet worden waren und ich wieder mit allen fünf und allen fünf Spielsachen im Freigehege stand, warf ich zunächst Belanas Bällchen. Sie stürzte ihm nach und schnappte es, wie immer kläffend begleitet von ihrem Nachwuchs. Jetzt warf ich Anjins Igelchen. Natürlich nicht direkt Belana vor die Pfoten, aber doch so, dass es von allen bemerkt wurde. Es passierte, was ich erwartet hatte: Da sich Anjin "ihrem" Spielzeug näherte, ließ Belana ihr Bällchen fallen, um Anjin zu attackieren und ihr das Spielzeug wegzunehmen. Das war der Moment, in dem mein Einsatz nötig wurde. Ich stürzte mich also mit einem "Nein, Belana, bring! Bring Dein Bällchen!" auf Belana, griff sie unsanft an der Mähne und schubste sie in die Richtung ihres Bällchens, das sie ziemlich verdutzt nun auch wieder schnell aufnahm. Der ebenso verblüfften Anjin dagegen orderte ich sofort "Anjin, bring!" und zeigte auf ihr Igelchen. Nach kurzem Zögern und Belana beobachtend nahm sie es. So hatte ich schon zwei Hunde, die apportierten. Nach dem nächsten Wurf für Belana das gleiche Spielchen: Ich warf Anjins Spielzeug und sorgte dafür, dass Belana bei ihrem Bällchen blieb. Sie hatte es begriffen. Anjin zögerte kaum noch. Ich konnte Arabelles Weichplastikbällchen mit einbeziehen und schließlich auch Anders Quietschi.
Belanas Kinder hatten anfangs noch Hemmungen, entgegen dem Verbot ihrer eigenen Mutter Spielsachen aufzuheben. Da sie jedoch alle begeisterte Apportierhunde waren, ließen sie sich schnell von mir und ihren Spielsachen verführen. Noch am gleichen Tag konnte ich die zwar vor Aufregung noch unangenehm laut kläffenden Jüngsten durcheinander apportieren lassen. Nur Aron hatte sich wie gewohnt distanziert. Ich ließ Aron eine Weile diese Freiheit. Wollte er sein Bällchen apportieren, durfte er es, wollte er nicht, ging er eben nur so im Freigehege spazieren. Immerhin tat er dies leise. Ich warf auch, ohne den "Bring!"-Befehl zu geben. Also sollte es ein Spiel sein. Auf rein freiwilliger Basis. Seit er von mir vor über fünf Jahren einen Rüffel kassierte, als er Klein-Belana einmal das Spielzeug unsanft abnahm, um es mir zu bringen, apportierte Aron lange Zeit nur noch dann gerne, wenn ich ihn explizit dran nahm und er meine volle Aufmerksamkeit und zum Dank zumindest gelegentlich ein Leckerli bekam. Als ich Belana und ihre Kinder soweit hatte, dass sie ohne viel Krach zu machen durcheinander apportierten, bezog ich den inzwischen fast 8-jährigen Aron wieder stärker mit ein, jetzt auch mit "Bring!". Ein erster Erfolg war, sein Bällchen gegen die früher so geliebte Frisbee-Scheibe auszutauschen, was mir jedoch in unserem steilen Gelände eine Menge Wurf-Kunst abverlangt, um das Ding innerhalb unserer Freigehege-Umzäunung zu halten und nicht etwa auf das Flachdach eines unserer Anbaudächer zu platzieren. Trotzdem stand Aron oft längere Zeit vor seiner "erbeuteten" Frisbee und wartete darauf, dass ich mich ihm zuwandte und ihm sein "Aron, bring, bring die Frisbee!" wiederholte. Leckerlis wollte ich nicht mit ins Freigehege nehmen, weil ich durch die Wurfpausen, die so zwangsläufig für den einzelnen entstehen würden, die Motivation der Jüngeren evtl. mindern würde. Für fünf Hunde durcheinander Spielsachen zu werfen bedeutet einen ziemlichen Wurfstress, selbst, wenn man bergab noch wesentlich weiter wirft, als in der Ebene. Ich konnte Arons Apportierbegeisterung anders verstärken. Nach jeder Abgabe ließ ich ihn kurz "gib Laut!" ausführen und hüpfte für ihn mit der Frisbee kurz auf der Stelle auf und nieder, unübersehbar Begeisterung ausdrückend. Dazu lobte ich ihn besonders: "Fein! Die Frisbee, Aron, fein!" Das fand er toll! Er gewöhnte sich zudem an, die Frisbee am Fundort kurz anzubellen, bevor er sie aufhebt und mir bringt. Ich denke, hier mischt sich das brave Bringen mit der Erinnerung an die rein positiv konditionierte Anzeige am "Opfer" während der Arbeit als Rettungshund. Da wir z. Z. nicht ganz leise, aber grundsätzlich zu unkritischen Uhrzeiten spielen, ist es für die Nachbarschaft kein Problem, nun gelegentlich Arons Fund und Abgabe zu hören. Für mich ist es jedenfalls ein herrlicher Anblick, alle fünf Hunde durcheinander im Galopp apportieren zu sehen.